Pressespiegel - Bettlerhochzeit


Link zum Artikel von M.Stadler / Salzburgwoche-Online - 22-7-04

Link zum Artikel von T. Pötzelsberger / Salzburger Nachrichten-Online - 26.7.04

Link zum Artikel von Stephanie Bürgler auf auf fm5.at




Hetzjagd auf Sündenböcke
22. Juli 2004

Amateurtheater als großes Erlebnis: Das Ensemble "Mokrit" und die "Querschläger" begeistern mit Mark Ubls "Bettlerhochzeit".

MICHAEL STADLER

RAMINGSTEIN.

"Durch'n Regn und durch'n Schnea, über'n Berg und iban Sea, über 1000 Bruck'n semma g'foahrn" - Eine perfekte Wetterregie: Genau in dem Augenblick, als Fritz Messner und seine "Querschläger" bei der Premierenvorstellung dieses Lied anstimmen, öffnet der Himmel seine Schleusen. 350 Augenpaare sind von den nicht überdachten Besucherrängen aus mehr oder weniger verstohlen nach oben gerichtet, wo düstere Wolken den Abendhimmel über Ramingstein beherrschen. Nur einige Momente spä-ter gilt die ganze Konzentration wieder dem Geschehen auf der Bühne. Die Darsteller der Theatergruppe "Mokrit" zwingen mit ihrem intensiven Spiel sogar die Kapriolen des launischen Sommerwetters in eine unbedeutende Statistenrolle. Die Aufführung der "Bettlerhochzeit" vermittelt von der ersten Szene an Spannung. Anfangs wird diese vom Konflikt zwischen dem "Bettlergesindel", das vor der Kirche die Messbesucher anpöbelt, und den "rechtschaffenen" Bürgern getragen. Auch diese müssen ihre Gürtel enger schnallen, denn die Erzvorkommen im Ramingsteiner Bergwerk gelten seit 1600 als weitgehend erschöpft. Eine Verelendung der Bevölkerung ist die Folge: "Da oite Glonz is lang vorbei, was bleibt is Hungaleiderei", singen die "Querschläger" auf der Tenne des Jagglerhofs. Eines wird rasch klar: Schlechte Zeiten brauchen Sündenbö-cke. Das war schon immer so. Ab der Mitte des 17. Jahrhunderts ist das soziale Klima im Land Salzburg von einer hysterischen Hatz auf Bettler und Kleinkriminelle geprägt. Die brutale Vorgangsweise der kirchlichen Inquisition spiegelt sich in den gut dokumentierten "Zauberer Jackl"-Prozessen. Es bedurfte keines großen Vergehens, um hingerichtet zu werden. In Ramingstein war das nicht anders. Eine "Scherzhochzeit" einiger Bettler im Fasching reichte 1688 aus, um harmlose Menschen auf den Scheiterhaufen zu bringen. Auf diesem authentischen Fall basiert das Stück "Die Bettlerhochzeit", das der Ramingsteiner Marktschreiber Mark Ubl verfasst hat. Der Autor beschränkte sich allerdings nicht nur auf die historische Dimension der einstigen Ereignisse, sondern versucht, zeitlos Gültiges wie den Umgang der Gesellschaft mit Randgruppen und Mechanismen der Macht vor Augen zu führen. Diese Intention greift auch Regisseur Gerard Es auf, ohne jedoch auf plakative Art und Weise Bezüge zur Gegenwart - etwa zur Asylantenproblematik - herzustellen. Das Ergebnis ist eine schlüssige Inszenierung, der es gelingt, das Bühnengeschehen mit 18 Darstellern, die Musik der "Querschläger" und den einzigartigen Schauplatz des 400 Jahre alten Jagglerhofs zu einer Einheit verschmelzen zu lassen. Darin lag die größte Herausforderung des Projekts. Dem Ensemble um Robert Wimmer, der übrigens den arroganten Richter verkörpert, gebührt für den schauspielerisch enormen Einsatz ein Pauschallob. Die Theatergruppe hat einmal mehr unter Beweis gestellt, dass sie landesweit zu den bes-ten zählt und dass der Name "Mokrit" in einem Atemzug mit "m" (Neukirchen), dem Antheringer Laientheater, "body end sole" (Hallein), der Theatergruppe Abtenau und dem Theater Holzhausen zu nennen ist. Die Lieder der "Querschläger" treffen exakt den Ton des Stücks und sind stets mehr als nur Il-lustration des Bühnengeschehens. Autor und Komponist Fritz Messner liefert nämlich mit seinen hintergründigen Texten zusätzliche Denkanstöße. Melancholische Melodien und kraftvolle Rhythmen machen die Aufführungen musikalisch zu einem unvergesslichen Erlebnis.


Lungauer Wahrheiten
26. Juli 2004

Die "Bettlerhochzeit", zurzeit in Ramingstein vom Theater Mokrit inszeniert, ist ein spannendes und authentisches Stück Lungauer Geschichte.

Salzburg (SN-top). Inquisition und Gegenreformation, wirtschaftlicher Niedergang und Auflehnung gegen eine verschwenderische Elite: Die Zeit um 1688, in der "Bettlerhochzeit" spielt, war eine, die nichts Gutes verhieß. Der Gebirgsgau litt unter dem immer schlechter laufenden Bergbau, was wiederum die ohnehin dramatische Armut und somit auch zahlreiche Konflikte zwischen der halb verhungerten Bevölkerung und der adeligen Obrigkeit noch verschärfte.

Vor diesem geschichtlichen Hintergrund und der wohl nicht zu überbietenden Naturkulisse am Ramingsteiner Jagglerhof entwickelt sich der Stoff aus der Feder des Tamsweger Autors Mark Ubl zu einem Stück, das sowohl Geschichtsunterricht als auch wendungsreiches Drama ist. Denn die von den verstoßenen Bettlern zu Ramingstein als spottende Auflehnung gegen die Obrigkeit (verkörpert durch einen im Bühnenbild auch räumlich abgehobenen Richter) geplante Hochzeit geräter im Lauf des Stücks zur Stunde des Schicksals für die Teilnehmer. Die Anklage lautet schließlich auf Hexerei und Gotteslästerung - die wohl schwersten Verbrechen, die man im Lungau des 17. Jahrhunderts begehen konnte.

Vor sechs Jahren bereits einmal aufgeführt, gewinnt das Stück, das zum größten Teil auf einer wahren Begebenheit basiert, auf der extra erbauten Naturbühne am Jagglerhof neue Dimensionen. Zu größten Teilen daran beteiligt ist das hervorragende Ensemble des Theater Mokrit, allen voran Elisabeth Strauß als "Bettlergretl" und Klaus Steinschnack, der den liebenswürdig verrückten "Bräutigam" Joachim gibt. "Improvisation und körperbetontes Spiel" waren in der Probenzeit laut Regisseur Gerard És die obersten Maximen - ein Konzept, mit dem das Team gut fährt.

Ein kongenialer Streich ist den Ramingsteinern mit dem Engagement der "Querschläger" gelungen. Ähnlich dem Chor im griechischen Theater untermalen Sänger Fritz Messner und seine sechs Mitmusiker das Stück mit den eigens geschriebenen Songs absolut treffsicher und atmosphärisch passend. Und nicht nur die Musik schlägt in "Bettlerhochzeit" eine Brücke in die Gegenwart. Zweiklassengesellschaft, Atheismus und Auflehnung gegen übermächtige Autoritäten sind heute aktueller denn je. Und doch heißt einer der letzten Sätze im Stück: "Aber an irgendetwas muss man ja glauben!"

© SN.


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Recht ist nicht Gerechtigkeit

von Stephanie Bürgler auf fm5.at


Ramingstein/Lungau - Die Geschichte ist schnell erzählt und könnte von jeder beliebigen Bauerntheatergruppe aufgeführt werden: Im Jahre 1688 zog das Elend in Ramingstein im Lungau ein, da der Bergbau die Mäuler nicht mehr zu stopfen wusste. Immer mehr Menschen verfielen dem sozialen Elend. War mensch besitzlos, wurde von der Kirche das Sakrament der heiligen Eheschließung verwehrt. Eine Gruppe von jungen Menschen – Bettler und Außenseiter – kam auf die Idee, selbst eine Ehezeremonie zu halten, um einen Grund zum Feiern zu haben. Als die Kirche davon erfuhr, wurde die Bettlerhochzeit als „schwarze Hochzeit“ hingestellt. Somit war der Teufel im Spiel und die Inquisition konnte ihr übriges tun.

Im 17. Jahrhundert liefen im Salzburgerland diverse Hexenprozesse. Ganz besonders im Visier hatten die Machthaber den Zauberer und Hexenmeister Jakob Koller, der von den Einheimischen „Zauberer Jackl“ genannt wurde und über den viele unheimliche Geschichten erzählt wurden. Zum Beispiel sollte er im Besitz einer Salbe gewesen sein, die ihn für 24 Stunden in einen Wolf verwandelte. Im Jahre 1678 sind in Salzburg über 100 Anhänger des Zauberers Jackl hingerichtet worden.

Genug des historischen Hintergrundes. Vorausgeschickt schon erwähnt: Der Abend konnte perfekter nicht sein. Am Vortag noch musste das Open-Air-Schauspiel auf Grund eines starken Gewitters abgesagt werden. An diesem Abend jedoch spielte das Wetter mit und kurz vor Aufführungsbeginn durften sich die Besucher des Anblicks eines Regenbogens erfreuen, der sich über den Bergen wölbte. Schon der Einlass brachte die richtige Stimmung mit sich: Die Besucher kamen durch den Stall zum Aufführungsgelände. Im Stall befanden sich schon die Schauspieler, die keuchend und hustend in den Schweineboxen verharrten. Mensch fühlte sich schon ab diesem Zeitpunkt in die Vergangenheit zurückversetzt.

Das Motto des Stückes war von Beginn an unübersehbar ständig gegenwärtig. Die KellnerInnen, die Musiker, die BühnenarbeiterInnen und Techniker, alle hatten sie das gleiche schwarze T-Shirt an, mit der Aufschrift „Recht ist nicht Gerechtigkeit“. Dieses Motto war zur Zeit des Zauberer Jackl, vor seiner Zeit und nach seiner Zeit stets aktuell, und wird auch noch nach unserer Zeit aktuell bleiben.


Schon als die Schauspieler zu spielen begannen, wusste jeder, dass dieser Abend etwas ganz besonderes werden würde und ein neues Licht auf das Genre Heimattheater werfen würde. Eine gewaltige Professionalität wurde an den Tag gelegt, Mimik und Gestik einiger Schauspieler waren so überwältigend, dass mensch das Hier und Jetzt vergaß. Besonders auffallend waren die Performances von Klaus Steinschnack, der im Stück den Bräutigam Joachim Grädenegger verkörperte, und von Elisabeth Strauß, der Bettlergretl, der nachgesagt wurde, dass sie mit dem Zauberer Jackl in Verbindung stehe.

Dass sich diese Inszenierung mit dem Verhältnis von Machthabern und Unterdrückten auseinandersetzt, wurde auch räumlich veranschaulicht. Der Richter, gespielt von Robert Wimmer, verharrte stets im ersten Stock eines roten Kreuzes. Die angeklagten Bettler befanden sich lange Zeit im Kerker unterhalb des Richters. Oben blitzblank, unten voller Gestank.

Auch eine ganz brandaktuelle Thematik kam im Stück zum Tragen. Als der Herr Pfarrer mit dem stummen Bettler Rüppl verschwand, schrie die Bettlergretl hinterher: „Das der Herr Pfarrer nur ja nichts Unanständiges mit dem Rüppl anfängt!“ Es war schön zu sehen, dass in einem Bergbauerndorf, das sicherlich katholisch angehaucht ist, solche Sprüche beim Publikum die richtige Reaktion auslösen, auch wenn sich manche peinlich berührt gefühlt haben mögen. Bei solchen Themen sollte gelten: Schweigen ist Silber und Reden ist Gold!!!

Und diesem Motto nimmt sich die Lungauer Band Querschläger schon seit langer Zeit an. Ganz besonders beeindruckend bei ihrer akustischen Untermalung war der Song „1000 Foia“ (tausend Feuer). „In Herrgotts Nåm / um Wåhrats willn / leuchtnt 1000 Foia / fi de Måcht und Herrlichkeit / … / brinnant 1000 Foia / jedn Tåg und jede Nåcht / geahnt bis heit no Leit ins Foia / håt ins de gånze lånke Zeit nid weitabråcht?“ Nein, die ganze lange Zeit hat uns nicht weitergebracht, wenn mensch sich besonders außenpolitische Geschehnisse ins Gedächtnis ruft. Noch immer „brennen“ Menschen für diejenigen, die die Macht fest in Händen halten. Was in den schlauen Büchern als Recht definiert wird, ist im wirklichen Leben nicht immer Gerechtigkeit.

Bericht und Fotos Stephanie Bürgler


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